Neuste Anti-Tracking-Option in iOS 14.5 wird Auswirkungen haben.
Bis vor kurzem schien in der Welt der Werbenetzwerke die Sonne. App-Entwickler*innen verdienten etwa gutes Geld durch Apples "Identifier for Advertisers" (IDFA), die es ermöglichte Apps einfach zu monetarisieren. Denn per IDFA ließ sich Werbung an das jeweilige Smartphone ausspielen, die darauf basierte, was Nutzer*innen vorrangig mit dem Smartphone anstellen. Damit ist jetzt Schluss.
Apple-Update contra Werbenetzwerke
Zwar gibt es die IDFA weiterhin. Doch seit iOS 14.5 haben Nutzer*innen die Möglichkeit, der Analyse der eigenen Nutzung zu widersprechen. Das hatte bereits im Vorfeld für Kopfschmerzen bei Facebook, Google und anderen großen Werbenetzwerken gesorgt. Denn es war den Unternehmen klar, dass Nutzer*innen eine Funktion, die ihnen keine Vorteile bietet, auch nicht aktivieren würden. Und so ist es auch gekommen. Eine aktuelle Studie der App-Analysten von Flurry belegt, dass in den USA nur ganze vier Prozent der iPhone-Nutzer*innen das Tracking erlauben. Auch in Europa geht man davon aus, dass mehr als zwei Drittel der Nutzer*innen der Datenweitergabe widersprechen werden.
Für die Werbenetzwerke ist das offenkundig eine Katastrophe. Dazu kommt, dass nicht nur Apple, sondern auch Google bei Android bald aktiv werden könnte. Denn Datenschutz-Experten bemängeln, dass das IDFA-Pendant "Android Advertising Identifier“ (AAID) die DSGVO der EU verletzt.
Oder ist die Situation vielleicht doch nicht so dramatisch? Fest steht: Die Änderungen machen es für Werbetreibende erst einmal schwieriger, die Gewohnheiten von Nutzer*innen zu verfolgen und entsprechende Anzeigen auf deren Geräte zu bringen – unmöglich ist es aber nicht. Schließlich haben sich viele Werbetreibende schon länger vom „klassischen“ Tracking auf Basis von Browser Canvas Fingerprinting, Tracking Pixeln und Cookies verabschiedet. In der EU haben die DSGVO-Bestimmungen viele App-Anbieter darüber hinaus dazu motiviert, ihr Tracking transparenter zu gestalten.
Warum Werbenetzwerke weiterhin Geld verdienen werden
Es ist also lediglich eine Frage der Zeit, bis neue Tracking-Technologien sich den Gegebenheiten anpassen. Laura Petrone, Senior Analystin bei GlobalData, meint etwa: "Ein möglicher und sicherer Ersatz könnte kontextbezogenes Ad-Targeting sein, bei dem Anzeigen basierend auf dem Inhalt einer Website angezeigt werden." Einige Ad-Tech-Unternehmen haben bereits innovative Lösungen entwickelt, die die Apple-Datenschutzbeschränkungen einhalten und kontextbezogenes Tracking ermöglichen.
Ein Beispiel ist AppsFlyer, das Werbetreibenden Tools zur Messung der Werbewirksamkeit unter Wahrung der Privatsphäre der Nutzer*innen ermöglichen soll. Auch Google, Facebook und anderen große Werbenetzwerke werden sicher neue Möglichkeiten finden, Geräte zu identifizieren und Daten auszuwerten. "Ich gehe davon aus, dass es Facebook gut gehen wird", schreibt etwa Lance Ulanoff von Medium's OneZero. "Und es klingt so, als könnten persönliche Daten immer noch das Smartphone verlassen, sofern sie entsprechend anonymisiert sind. Es gibt also weiterhin reichlich Spielraum für Entwickler*innen, um Daten zu sammeln und Anzeigen basierend auf diesen Informationen auszuliefern", erklärt Ulanoff.
Punkt zwei: Die Auswirkung von iOS 14.5 und anderen Datenschutzmaßnahmen zeigen zwar unmittelbare Auswirkungen, wie es längerfristig aussieht, steht aber noch nicht fest. Die IDFA-bezogenen Änderungen bedeuten zunächst einmal, dass Apple-Nutzer*innen aktuell mehr Privatsphäre genießen als Android-Nutzer*innen. Die Verweigerung der Zustimmung zum Tracking bedeutet aber nicht, dass iOS-Nutzer*innen überhaupt keine Werbung mehr erhalten. Schließlich haben die Änderungen keinen Einfluss auf die Werbe-Quantität. Es handelt sich nunmehr schlicht nicht mehr um personalisierte, sondern irgendwelche Anzeigen.
Nicht ausgeschlossen ist, dass aus diesem Grund manche iPhone-Nutzer*innen dem Tracking doch wieder zustimmen. Getreu dem Motto: "Wenn schon Werbung, dann bitte solche, die mich interessiert". Wie auch immer: Mit Anzeigen wird sich weiter Geld verdienen lassen, wenn die Akteure neue Möglichkeiten zur Erfassung und Ausrichtung von Kampagnen entwickeln.
Privatsphäre auf dem Smartphone beachten
Wenn Sie Wert auf Privatsphäre legen, sollten Sie die folgenden Punkte beachten:
- Schauen Sie sich alle Apps an, die Sie auf Ihrem Smartphone installiert haben. Löschen Sie die Apps, die Sie schon länger nicht mehr nutzen.
- Wenn Sie neue Apps auf Ihren Geräten installieren, achten Sie auf die Warnmeldungen zu den Berechtigungen, die diese App verlangt. Achten Sie darauf, welche Daten Sie freigeben, insbesondere, wenn es sich um Geodaten handelt.
- Beachten Sie, welche Apps ihre Datenschutz-Bestimmungen aktualisieren und was dies für Sie als Nutzer*in bedeutet. Ein Beispiel dafür ist die neue Datenschutzrichtlinie von WhatsApp, die vielfach in der Kritik stand.
- Lesen Sie sich die Datenschutz-Bestimmungen einer App durch und fragen Sie sich, ob sie diese verstehen. Klicken Sie nicht einfach auf "akzeptieren". Viele Apps tauschen Daten mit Drittanbietern aus, wie z.B. die App Noom. Ist das für Sie in Ordnung?
- Noch ein Tipp zum Schluss: Nutzen Sie ein VPN, wann immer Sie das Haus verlassen und sich mit fremden WLANs verbinden, insbesondere, wenn es sich um offene WLANs handelt.
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