Die wachsende Gefahr von Cyberstalking und Stalkerware

Nicht nur häusliche Gewalt hat während der Ausgangsbeschränkungen zugenommen - Avast Threat Labs verzeichnet im Corona-Jahr auch einen Anstieg von digitalen Übergriffen in die Privatsphäre.

Sie sind schon länger getrennt, Ihr Ex ist ausgezogen, aber dennoch weiß er alles über Sie? Wo Sie sich aufhalten und mit wem Sie telefonieren? Nachrichten mitlesen, Telefonate abhören, Standorte verfolgen: Überwachungssoftware, sogenannte Stalkerware, ermöglicht einen umfassenden Zugriff auf persönliche Daten. Die Täter, die meist aus dem näheren Umfeld der Betroffenen stammen, installieren unbemerkt ein solches Programm auf dem Smartphone ihrer Opfer. Der Vorgang dauert oft nur wenige Minuten. 

Ab diesem Moment übermittelt die Stalkerware ununterbrochen sensible Daten an das Smartphone oder den Computer des Täters. Das Programm ist für das Opfer selbst nicht sichtbar, die ständige Überwachung bleibt meist lange Zeit unbemerkt. Ebenso ist ein ungehinderter Zugriff auf Fotos und Videos möglich, die auf dem Mobiltelefon des Opfers gespeichert sind.

Stalkerware in der Anwendung - meist ist der (Ex-)Partner am Werk

Die Mehrheit der traditionellen Malware wird von Hackern installiert, die Software-Schwachstellen oder Social Engineering nutzen. Dies kann jedoch durch Anti-Malware-Produkte erkannt und verhindert werden. Stalkerware hingegen wird von jemandem installiert, der Zugriff auf das Gerät hat - meist vom eigenen Partner oder Ex-Partner. Die Stalkerware selbst ist nicht per se illegal (Cyberstalking hingegen in Deutschland schon) und kann deswegen auch in den gängigen App-Stores gefunden werden. 

In den meisten Fällen verfügen Stalkerware-Apps über Funktionen, die verschleiern, dass sie auf dem entsprechenden Gerät installiert sind. Das Opfer bemerkt zunächst nichts von dieser Manipulation, obwohl es einige Anzeichen gibt. Diese werden an späterer Stelle erläutert. 

Wie kommt man an die Stalkerware und wie weit sind die entsprechenden Apps verbreitet? 

Die meisten Organisationen und seriösen Firmen missbilligen den Einsatz von Stalkerware. Im Juli 2019 zog Google nach Recherchen von Avast acht derartige Apps aus dem Play Store. 

Die Entfernung dieser Apps war eine gute Nachricht - sogar die offiziellen Beschreibungen der Software waren fragwürdig, wie z. B. "diese App wurde geschaffen, um [Kinder] zu überwachen". Google ist auch weiterhin fest entschlossen, gegen bösartige Apps in seinem Play Store vorzugehen und verfügt über einen strengen Validierungsprozess. Dass solche Apps dennoch den Weg in den Store finden, zeigt, wie gut sich die Stalkerware häufig tarnt. 

Trotz des Erfolgs von Avast und Google einige der einschlägigen Apps zu verbannen, hat die Bedeutung von Stalkerware deutlich zugenommen. Eine 2019 von der Coalition Against Stalkerware durchgeführte Studie ergab, dass die Nutzung solcher Überwachungs-Apps im Laufe des Jahres um 35 Prozent gestiegen sind. Bereits in den ersten acht Monaten kamen über 37.000 Anwender mit Stalkerware in Kontakt, während “nur” 26.000 auf Trojaner-basierte Spyware stießen. 

Alarmierend ist ebenfalls der Zusammenhang, den der Forschungsbericht des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen zu Cyber-Gewalt gegen Frauen und Mädchen von 2017 aufzeigt: "7 von 10 Frauen (70 Prozent), die Cyberstalking erlebt haben, haben auch mindestens eine Form von physischer oder/und sexueller Gewalt ausgehend von einem Intimpartner erlebt". Es gibt also einen direkten Zusammenhang zwischen körperlicher Gewalt und Cyberstalking in der Partnerschaft. 

Zunahme von häuslicher Gewalt und Übergriffigkeit während der Corona-Krise

Nach Angaben des Hilfetelefons für Frauen werden 24 Prozent aller Frauen Opfer von Stalking. In Deutschland haben Janina Steinert, Professorin für Global Health an der Technischen Universität München (TUM), und Dr. Cara Ebert vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung rund 3.800 Frauen zwischen 18 und 65 Jahren online nach ihren Erfahrungen zu häuslicher Gewalt während der Corona-Krise befragt. 

Laut ihrer Umfrage* hat die körperliche Gewalt gegen Frauen um 3,1 Prozent und die emotionale Gewalt um 3,8 Prozent zugenommen. Die befragten Frauen fühlen sich dabei von ihrem Partner bedroht; bei 4,6 Prozent der Frauen reguliert der Partner soziale Kontakte mit anderen Personen. Die Zunahme und steigende Verbreitung von Smartphones und anderer internetfähiger Geräte sowie die Verfügbarkeit von Stalkerware-Apps sind eine weitere Möglichkeit für die Täter, Kontrolle über ihre Opfer auszuüben. Opfer, die in diesem Jahr aufgrund der Corona-Maßnahmen viel mehr Zeit als normalerweise zu Hause verbringen. 

Strafbarkeit von Cyberstalking

Die gute Nachricht ist: Cyberstalking ist in Deutschland strafbar. Auch in den engsten  Beziehungen gibt es ein Recht auf Privatsphäre. Der Partner muss nicht alles wissen. Die Beziehung von Opfer und Täter spiegelt sich in der Aufklärungsquote der Cybermobbing-Taten wider. Diese beträgt knapp 90 Prozent der angezeigten Taten. Damit gehört Cyberstalking zu denjenigen Tatbeständen, bei denen sich Tatverdächtige erstaunlich gut ermitteln lassen. 

Tipps, um rechtliche Schritte gegen Cyberstalking einzuleiten, finden sich auf der Webseite des Frieda Frauenzentrums.

Wie erkennt man Stalkerware auf dem Mobiltelefon? 

Stalkerware benötigt den Zugriff auf Mikrofon, Kamera, Standort, Nachrichten und Anrufe. Prüfen Sie die App-Berechtigungen in den Geräteeinstellungen. Achten Sie auf schnellen Akkuverbrauch, hohen Datenverkehr und ein insgesamt sehr langsam reagierendes Gerät.  

Wie kann man sich schützen? 

  1. Sichern Sie Ihr Telefon gegen jeden unbefugten, physischen Zugriff:
    Anwender sperren bzw. sichern ihre Smartphones oft nicht. Verwenden Sie Bildschirmsperren wie PIN-Codes oder die Fingerabdruck-Erkennung, um Ihre Geräte zu schützen. Ebenso sollten Sie Ihr entsperrtes Telefon niemandem leihen, es sei denn, Sie haben volles Vertrauen in dessen Absichten. Bedenken Sie stets: Es kann weniger als eine Minute dauern, eine Stalkerware-App auf einem Gerät zu installieren. 
  1. Installieren Sie ein gutes, gängiges Antivirenprodukt auf Ihrem Mobiltelefon:
    Ein guter Virenschutz für Mobiltelefone behandelt Stalkerware als potenziell unerwünschtes Programm (PUP) und gibt Ihnen die Möglichkeit, diese zu entfernen. Ein mobiles Sicherheitsprodukt wie Avast Mobile Security wird Ihr Smartphone zusätzlich zu anderer Malware sowie potenziell bösartigen Anwendungen auch vor Stalkerware schützen.
  1. Zögern Sie nicht, sich Hilfe zu holen:
    Für den Fall, dass Sie sich leider bereits in einer übergriffigen bzw. missbräuchlichen Beziehung befinden, sollten Sie bedenken, dass Sie durch Stalkerware einem noch größeren Risiko ausgesetzt sind. Selbst das Entfernen der Stalkerware von Ihrem Smartphone könnte den Partner alarmieren. Bitten Sie umgehend um Hilfe und Unterstützung - eine mögliche Anlaufstelle ist beispielsweise das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ 

*Hochschule für Politik München, TUM: Gewalt an Frauen und Kindern in Deutschland während COVID-19-bedingten Ausgangsbeschränkungen: Zusammenfassung der Ergebnisse

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