Spendenbetrug mit dem “kranken Kind”

Emma McGowan 5 Aug 2022

Durch ein Mitleid erregendes Video haben Kriminelle schon mehr als eine halbe Million Dollar eingenommen.

In den letzten zehn Jahren hat das persönliche Crowdfunding zugenommen. Menschen sammeln online Geld für alles Mögliche, von Schulsachen über Arztrechnungen bis hin zu Beerdigungskosten. Die Aufrufe werden über die sozialen Medien verbreitet und flehen Freunde, Familien und Bekannte an, eine kleine Summe Geld zu spenden. Jedoch handelt es sich auch hier, wie bei so vielen anderen Dingen im Internet - leider - bei einigen dieser Spendenaufrufe um Betrug. Unser Avast Threat Labs Team hat vor kurzem einen besonders perfiden Betrug auf YouTube entdeckt, der das Mitgefühl anderer ausnutzt. 

In einem herzzerreißenden Video sieht man ein kleines Mädchen in einem Krankenhauskittel. Ihr Haar ist geschoren und sie weint, während sie in die Kamera spricht. Sie erzählt, dass sie Krebs hat und dass sich ihre Familie die Behandlung nicht leisten kann. "Die Behandlung kostet sehr viel Geld und meine Eltern haben nicht viel Geld", weint sie. "Bitte helft mir, gesund zu werden. Ich will nicht sterben." 

Das Video trifft mitten ins Herz. Am Ende hat man die Möglichkeit, über eine verlinkte Spendenplattform Geld zu spenden. “Wenn ihr Alexandra retten wollt, (-je nach Video-Variante auch Ariela, Ksenia oder Barbara), spendet sofort für ihre Behandlung."

Wir wissen zwar nicht, wer dieses kleine Mädchen wirklich ist oder in welcher Situation sie sich befindet, aber wir wissen sicher, dass es sich um einen Betrug handelt und die bereits gesammelten 640.000 Dollar nicht für die Behandlung verwendet werden", sagt Pavel Novak, Threat Operations Analyst bei Avast. "Wir haben eine ganze Reihe von Videos mit demselben kleinen Mädchen gefunden, mit Aufrufen in Arabisch, Französisch, Portugiesisch, Spanisch und Hebräisch. Wir fanden auch Videos mit ähnlichen Aufrufen, die jedoch andere Mädchen zeigten."

Insgesamt wurden diese Videos mehr als 10 Millionen Mal angesehen. Zusätzlich fand das Avast-Team die folgenden Anzeichen dafür, dass es sich um Betrug handelt: 

  • Alle Domains wurden erst vor kurzem registriert.

  • Die Videos verwenden anonyme E-Mail-Adressen, wie z.B. 6554997@gmail.com oder asd1010850@gmail.com.

  • "Alexandra" und "Ariela" haben die gleichen E-Mail-Kontaktadressen, obwohl die Videos von zwei verschiedenen Mädchen in vermutlich sehr unterschiedlichen Gegenden kommen.

  • Die Adresse der angeblichen Wohltätigkeitsorganisation ist auf einen Wohnkomplex in Jerusalem zurückzuführen.

In den Videos werden auch übertriebene Behauptungen aufgestellt. So zum Beispiel die Tatsache, dass sich der Krebs des Mädchens schon im ganzen Körper ausgebreitet habe. Wenn der Krebs schon so weit gestreut hat, ist es wahrscheinlich zu spät für eine medizinische Behandlung. Der Mangel an Informationen ist ein häufiges Warnsignal bei Online-Betrügereien.

"Dieser Betrug nutzt wie so viele andere die altruistischen Impulse aus, die Menschen haben, um anderen in Not zu helfen", sagt Novak. "Der Betrug ist besonders bösartig und unmoralisch, weil er nicht nur das Vertrauen der Menschen in Crowdfunding und Wohltätigkeit untergräbt, sondern auch Gelder einnimmt, die Menschen besser an seriöse Organisationen spenden könnten. Zudem wird das gezeigte Kind ausgenutzt, ob krank oder nicht, dessen Video entweder für den Betrug manipuliert wurde oder das gezwungen wird, diese Szene zu spielen."

 

Seitdem unsere Sicherheits-Forscher*innen von diesem Betrug erfahren haben, haben wir alle damit verbundenen Domains blockiert, die wir finden konnten, und somit fast 1.000 Nutzer*innen in nur 48 Stunden geschützt. Außerdem haben wir die Videos an YouTube und den Betrug an das CERT in Israel gemeldet. 

Es gibt ähnliche Aufrufe, die sich per E-Mail verbreiten. Unsere Forscher*innen vermuten, dass die beiden Kampagnen nicht miteinander zusammenhängen, auch wenn sie das gleiche Szenario verwenden. Aber auch unsere Expert*innen können nur begrenzt handeln - es liegt an jedem Einzelnen, alles, was wir online sehen, mit einem kritischen Auge zu betrachten und innezuhalten, bevor wir gutgläubig unser Geld spenden.

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