Kieler Tatort: Auftragsmörder via Dark Net organisiert

Marina Ziegler 21 Mär 2017

Im Tatort „Borowski und das Dunkle Netz“ wurde ein Auftragsmörder via Dark Net gebucht und so die Spuren zum Auftraggeber gekonnt verborgen.

Düster war er, der Tatort am vergangenen Sonntag – aber so dunkel kann es eben im Dark Net zugehen: Der Leiter der Spezialabteilung Cyber-Crime des Kieler Landeskriminalamts wurde ermordet – von einem Auftragsmörder, der via Dark Net beauftragt wurde, wie sich im Laufe des Films herausstellt. Im Tatort wird das Dark Net und auch das Deep Web anschaulich erklärt. Wir haben aber auch noch bei unserem Director für Threat Intelligence, Michal Salat nachgefragt, um mehr über das Dark Net zu erfahren.

Wie würdest Du das Dark Net definieren und von dem Deep Web abgrenzen?

Michal: Zwischen dem Deep Web und dem Dark Net gibt es nur einen schmalen Grat. Das Deep Web beschreibt im Grunde alle Websites, Foren und E-Shops, die für Suchmaschinen versteckt und unauffindbar sind, aber sie nutzen das standardisierte HTTP- bzw. HTTPS-Webprotokoll und sind somit über Standard-Browser wie Google Chrome, Microsoft Edge oder Firefox zugänglich.

Das Dark Net beschreibt ebenfalls alle Seiten, Foren und Webshops, die versteckt und für Suchmaschinen unzugänglich sind, allerdings braucht man um diese Orte zu besuchen Spezial-Software wie den Tor-Browser, um diese Netzwerke zu besuchen.

Sowohl das Deep- als auch das Dark Net werden für die Distribution illegaler Waren und Services sowie andere illegale Aktivitäten missbraucht. Man kann dort Drogen, Waffen und Malware kaufen – und leider auch Auftragsmörder buchen, wie wir im Tatort gesehen haben. Das Dark Net bietet allerdings mehr Anonymität, weswegen es wahrscheinlich unter Cyberkriminellen beliebter ist. Es ist zwar mit vielen Knotenpunkten und Verschlüsselung geschützt – allerdings haben geleakte Informationen der NSA auch gezeigt, dass es möglicherweise auch Methoden gibt, um Tor-Nutzer zu verfolgen.


Hast Du das Dark Net selbst schon einmal besucht? Welche Erfahrungen hast Du dabei gemacht? Und bist Du dort häufiger unterwegs? 

Michal: Ja, wir browsen im Dark Net. Der erste Eindruck ist, dass es schwieriger zu navigieren ist und die Adressen schwieriger im Kopf zu behalten sind, da sich nicht einfach eine Webadresse wie Google.com eintippen lässt. Stattdessen muss man eine längere und komplizierte URL eingeben, um eine bestimmte Seite zu besuchen. Um beispielsweise das versteckte Wiki, bzw. „Hidden Wiki“ des Dark Nets einzugeben, muss man manuell „kpvz7ki2v5agwt35.onion“ eintippen, um die Seite zu besuchen. Im Tatort am Sonntag sahen wir, wie Borowski eine solche URL im Drucker eines Copy-Shops findet, wo der Täter diese ausgedruckt hatte. Viele moderne Drucker speichern Seiten, die sie einmal gedruckt haben. Auf diese Weise war es für Borowski möglich, die URL der Seite auszudrucken, wo der Killer mit seinem Auftraggeber kommunizierte. Dieses Beispiel zeigt, dass selbst der beste Schutz sowie die Anonymität in Tor niemanden verbergen kann, wenn er im echten Leben einen digitalen Fußabdruck hinterlässt.

Wer sich noch an die frühen Tage des Internets erinnern kann wird wissen, dass damals die Bedingungen dort ähnlich waren wie heute im Dark Net. Es gibt zwar mehrere Suchmaschinen im Dark Net, die mehr oder weniger relevante Ergebnisse liefern, aber sie sind nicht vergleichbar mit Google oder Bing. Es gibt auch einen „HiddenWiki“-Service, der einige der Services, die im Dark Net angeboten werden, kategorisiert.

Sind alle Inhalte im Dark Net illegal?

Michal: Nein, nicht alle Inhalte im Dark Net sind illegal, aber im Dark Net gibt es viel mehr illegale Aktivitäten als im regulären Internet – die Gründe dafür sind offensichtlich. Im Dark Net können Nutzer anonym surfen und es gibt keine Polizei, die das Dark Net kontrolliert. Dadurch fühlen sich Menschen mit bösartigen Intentionen davon angezogen.

Welche Inhalte lassen sich im Dark Net finden und in welchen Formaten?

Michal: Es gibt hauptsächlich Websites, Online-Shops und Foren im Dark Net. Dort lässt sich im Grunde alles finden, wonach man sucht – alles von Waffen, Pornographie, Software-Raubkopien, Drogen und auch reguläre Dinge.

Warum indizieren Suchmaschinen das Dark Net nicht?

Michal: Einer der Gründe dafür ist, dass die Suchmaschinen im regulären Internet keine Tor-Eingänge bietet, also einen Service, der es einem Nutzer ermöglicht, das Dark Net ohne Spezial-Software zu nutzen.

Browsen wir in einer Art von Deep oder Dark Net, wenn wir private Browsing-Einstellungen wählen?

Michal: Nein, privates Browsing ist eine Funktion, durch die keine Browsing-Daten gesammelt werden, wie beispielsweise Cookies oder die Browsinghistorie und Suchverlauf. Der Browser greift dann auch nicht auf Daten zurück, die er zuvor gespeichert hatte. Man ist dabei aber noch immer im gleichen Internet unterwegs – der einzige Unterschied ist, dass Du für das Internet wie ein anderer Besucher aussiehst.

In den Anfangstagen des Internets gab es noch keine Suchmaschinen. Heißt das, dass das Internet eigentlich als Dark Net entstand?

Michal: Zu einem gewissen Grad ja, insofern das Internet am Anfang keine Suchmaschinen hatte, das Seiten indiziert hat, was heißt, dass das gesamte Internet nicht durchsuchbar war. Das Dark Net ist auf die gleiche Weise entstanden wie das Internet in seinen frühen Tagen, allerdings viel schneller, da das Rad nicht neu erfunden werden musste. Die Hauptmotivation dafür, das Dark Net ins Leben zu rufen, war Anonymität.

Gibt es Schadcode im Dark Net? Kann Antivirensoftware Nutzer davor schützen?

Michal: Ja, es gibt Schadcode im Dark Net und Antivirensoftware kann Nutzer davor beschützen. Schadprogramme im Deep Web sind ähnlich wie die, die außerhalb des Dark Nets genutzt werden.


Ist es gefährlich, im Dark Net zu surfen?

Michal: Es kommt auf die Seiten an, die Du besuchst, sowie auf Dein Browse-Verhalten – hierbei gelten die gleichen Regeln wie im regulären Internet. Das Dark Net ist wie ein gefährliches Stadtviertel im echten Leben, wo sich Kriminelle aufhalten. Es gibt sicherlich gute Personen in dem Viertel, aber das Risiko ist höher, dass Du auf kriminelle Personen und Aktivitäten triffst. 

Hat das Dark Net auch positive Seiten?

Michal: Die Idee hinter dem Dark Net war es, einen Zugang zu Informationen zu liefern und dabei die Privatsphäre zu schützen und Zensuren zu umgehen. So lassen sich dort „legale“ Inhalte finden, wie Kunst, Bücher, Fotos und Videos, die für bestimmte Personengruppen wegen Regulierungen und Gesetzgebungen zensiert sind. Das Deep Web bietet auch sichere Kommunikationsmöglichkeiten für Dissidenten, Whistleblower und investigative Journalisten.

Welche Sicherheitstipps gibt es für den Umgang mit dem Dark Net?

Michal: Denke immer dran, dass das Dark Net ein „wilder“ Ort ist ohne Regulierungen. Es gibt keine Garantie dafür, dass das was Du kaufst oder herunterlädtst sicher ist und tatsächlich geliefert wird. Die Anzahl der Betrugsfälle und falscher Angebote ist sehr hoch. Es kann dort auch einfach passieren, dass Du Inhalte herunterlädtst oder Waren kaufst, die möglicherweise in Deinem Land verboten sind – und Du somit selbst das Gesetz brichst.

Vielen Dank für das interessante Gespräch, Michal.

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