Kinder bilden auf Discord Hackergruppen

Die digitale Welt birgt ihre eigenen Möglichkeiten und potenziellen Gefahren. Aber Ihr als Eltern habt die Möglichkeit, Eure Kinder und Jugendlichen in die richtige Richtung zu lenken.

Wer das Wort "Hacker" hört, stellt sich häufig einen Mann vor, der allein in einem dunklen Raum vor einem Computer sitzt, mit einem schwarzen Bildschirm mit grünem Computercode vor sich. Vielleicht trägt er einen Hoodie mit Kapuze über dem Kopf. (Er trägt definitiv einen Hoodie mit hochgezogener Kapuze.) Was sie sich wahrscheinlich niemand vorstellt, ist das eigene Kind im Teenageralter. 

Aber manche Eltern lägen bei dieser Vorstellung richtig, denn Avast hat eine Online-Community entdeckt, die auf der beliebten Kommunikationsplattform Discord Malware erstellt, austauscht und verbreitet. Die Gruppe wirbt für einfach zu verwendende Malware-Baukästen und Toolkits, mit denen Benutzer ihre eigene Ransomware, Information-Stealer und Krypto-Miner erstellen können. Es gibt zwar viele Hacking-Foren auf Discord, aber dieses besteht hauptsächlich aus Teenagern. 

Jan Holman, Malware-Forscher bei Avast, sagt, dass Kinder und Jugendliche von diesen Gruppen angezogen werden, weil sie Hacken als cool und lustig empfinden. Die Malware-Builder bieten einen einfachen Einstieg in diese Aktivität - sie erfordern keine eigentliche Programmierung, sondern nur die Anpassung von Funktionen und Aussehen - und ermöglichen es Kindern, anderen Streiche zu spielen und Geld zu verdienen. Und der Community-Aspekt eines Discord-Servers vermittelt auch ein Gefühl der Kameradschaft und Gemeinschaft.

Die Diskussionsforen enthüllen, dass die Kinder ihr Alter preisgaben, “Du kannst einfach Geld so verdienen, man, ich bin 14”, über die Idee diskutierten, Lehrer und ihre Schulsysteme zu hacken, “Stell dir vor du bist in der Schule und übernimmst die Kontrolle über den PC deiner Lehrerin, während sie versucht etwas zu präsentieren, das wäre lustig.”, und ihre Eltern in Gesprächen erwähnten:

A: “Jo, kann mir jemand Lunar kaufen, aber ich möchte Nex als Mittelmann, im Austausch gebe ich eine 50€ Amazon-Gutscheinkarte. “

B: ”Warum, lol”

A: “Ich möchte nicht das Paypal meiner Mom dafür nutzen.”

"Diese Aktivitäten sind jedoch bei weitem nicht harmlos, sie sind kriminell", sagt Holman. "Sie können erhebliche persönliche und rechtliche Folgen haben, insbesondere wenn Kinder ihre eigene Identität und die ihrer Familien online preisgeben oder wenn die gekaufte Schadsoftware tatsächlich den Computer der Kinder infiziert und ihre Familien angreifbar macht, indem sie ihnen die Nutzung des betroffenen Geräts erlaubt. Ihre Daten, einschließlich Online-Konten und Bankdaten, können an Cyberkriminelle weitergegeben werden.”

Was können Eltern also dagegen tun? Schauen wir uns zuerst einmal  Discord an  - was es ist, warum Kinder es lieben und was Eltern sonst noch beachten sollten - und erkunden wir dann einige alternative Möglichkeiten, diese Energie zu kanalisieren.

Was ist Discord?

“Discord ist eine Kommunikationsplattform für Mobiltelefone oder PCs, die ursprünglich von Spielern genutzt wurde, die sich beim Spielen von Videospielen an verschiedenen Orten unterhalten und austauschen wollten. In den letzten Jahren hat sich die Plattform jedoch erweitert und umfasst nun auch Gemeinschaften, die sich zu einer Reihe von Themen zusammenfinden. Benutzer können auf Discord über Sprache, Video oder Text kommunizieren und es erleichtert auch gemeinsame Aktivitäten wie Videospiele spielen, Filme ansehen oder Lehrer hacken. “

Discord ist nach "Servern" organisiert, die von den Benutzer*innen erstellt werden und zu denen man teilweise eingeladen werden muss, teilweise aber auch öffentlich zugänglich sind. Ein Server ist einem Hauptthema gewidmet und hat darunter "Channels" für spezifische Kommunikation rund um dasselbe Thema. Diese Subchannels werden durch “Rollen” freigeschaltet, das heißt wenn man einem neuen Channel beitritt muss man erstmal in der “Welcome”-Sektion den Regeln des individuellen Servers zustimmen. Danach gibt es meist einen weiteren Subchannel mit dem Thema “Rollen”, wo die Mitglieder ihre Rollen auf dem Server bestimmen. Das führt zu weiteren Subchannels die davor nicht freigeschaltet waren. Das heißt, es ist meist als Außenstehender gar nicht möglich zu sehen, wie viele Subchannels es auf dem jeweiligen Server gibt. Jede und jeder kann einen Discord-Server einrichten und die Regeln für diesen speziellen Bereich festlegen. 

Für Kinder und Jugendliche bietet Discord einen Ort, an dem sie das tun können, was sie eben am liebsten tun: Mit ihren Freunden abhängen. Da die Server nach Interessen erstellt werden, können die Kinder zusammen Zeit verbringen, Musik ihrer Wahl hören, während sie Fortnite spielen oder sich mit anderen Kindern über ihre neuesten Interessen unterhalten, was auch immer das sein mag. Discord ist seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie besonders beliebt, da sich Kinder und Jugendliche dort zusammen aufhalten können, ohne dem Virus ausgesetzt zu sein. Außerdem ist Discord nicht so "Mainstream" wie andere soziale Netzwerke und liegt wahrscheinlich außerhalb des Blickfeldes der Eltern, die vielleicht auf anderen Plattformen mithören.

Wie spreche ich mit meinen Kindern über die Online-Sicherheit auf Discord?

Das Mindestalter für die Teilnahme an Discord ist 13 Jahre, aber es ist definitiv eine Plattform für alle Altersgruppen. Das bedeutet, dass einige Server sehr erwachsen sind und nicht nur Unterhaltungen für Erwachsene enthalten, sondern manchmal auch pornografische Bilder und andere Inhalte, die nur für Erwachsene bestimmt sind. Diese Server müssen mit einer Altersbeschränkung gekennzeichnet sein, aber Jugendliche und Kinder sind oft schlau genug, um diese Art von Beschränkungen zu umgehen, also solltet ihr euch dessen bewusst sein und mit euren Kindern darüber sprechen. 

Als Elternteil solltet ihr eurem Nachwuchs jedoch nicht sagen: "Geh nicht in diese Räume für Erwachsene! Die sind nicht für dich!" Die Psychotherapeutin und Autorin Catherine Knibbs, die mit Klienten arbeitet, die online ein Trauma erlebt haben, schlägt vor, den Kindern Fragen zu stellen, die das kritische Denken über die Vorgänge in den verschiedenen Online-Räumen fördern, um ihnen zu helfen, ihre eigene Entscheidung zu treffen.

"Anstatt zu sagen, dass es böse Menschen im Internet gibt", so Knibbs gegenüber Avast, "sollte man lieber fragen: Wer sind deine Freunde im Internet? Woher weißt du, dass es Freunde sind und nicht nur jemand, mit dem du redest? Woher weißt du, dass es sich um eine echte Person handelt?"

Für Eltern, die mit früheren Versionen des Internets aufgewachsen sind, sind die AOL-Chaträume vielleicht ein guter Vergleich. AOL bot zwar nur Textkommunikation an (wir hatten die Technik noch nicht), aber es gab verschiedene Bereiche für Gruppen, in denen man sich über bestimmte Interessen unterhalten konnte. Einige dieser Bereiche waren völlig jugendfrei, andere wiederum waren eher für Erwachsene gedacht. Wenn ihr in den AOL-Jahren jung wart, erinnert ihr euch vielleicht daran, dass ihr an altersgerechten Chatrooms teilgenommen habt, aber auch an solchen, die definitiv nichts für euch waren. 

Was soll ich tun, wenn ich herausfinde, dass mein Kind ein Hacker ist? 

Trotz der Tatsache, dass es im allgemeinen Sprachgebrauch und in den Medien fast immer negativ dargestellt wird, geht es beim Hacken an sich nicht darum, das Gesetz zu brechen. Einige Hacker sind Cyberkriminelle, andere arbeiten im Bereich der Cybersicherheit oder für andere seriöse Technologieunternehmen mit dem Ziel, sie zu schützen. 

"Wenn euer Kind Interesse am Hacken zeigt, solltet ihr es es ermutigen, aber auch über Fragen des Einverständnisses sprechen", sagt Jeff Williams, Global Head of Security bei Avast. "Hacken an sich ist nichts Schlechtes - zu verstehen, wie Dinge funktionieren und wie sie nicht funktionieren, vertieft das Verständnis für die betreffende Technologie. Problematisch wird es erst, wenn dieses Wissen gegen eine andere Partei eingesetzt wird."

Laut Williams gibt es einige konkrete Anzeichen dafür, dass Kinder mit dem Hacken anfängt. Er empfiehlt, auf folgende Dinge zu achten: 

  • Sie fangen an, Begriffe wie Dox, DDoS und Bot zu verwenden.
  • Sie erhalten Pakete oder beginnen, neue Sachen zu tragen, die ihnen die Eltern  nicht gekauft haben, und die Eltern sind sich nicht sicher, wie die Kinder für die Gegenstände bezahlt haben könnten.
  • Die Kindersicherungssoftware funktioniert plötzlich nicht mehr.
  • Massive Bandbreitennutzung im Heimnetzwerk oder Überschreitung der Obergrenze auf dem Handy.

Wenn ihr festgestellt habt, dass eure Kinder sich für das Hacken interessiert, könnt ihr dieses Interesse von "Streichen" und kriminellem Verhalten auf produktivere Aktivitäten umlenken. 

Der erste Schritt ist, wie immer, Kommunikation. Sprecht mit euren Kindern über verantwortungsvolle Verhaltensweisen und warum es wichtig ist, ein guter digitaler Bürger zu sein. Betont, dass Handlungen, die virtuell getätigt werden, genauso reale Auswirkungen haben wie Handlungen in der realen Welt. Sprecht darüber, dass das Programmieren von Computern eine wirklich coole (und potenziell gewinnbringende) Fähigkeit ist, aber dass große Macht mit großer Verantwortung einhergeht.

Ihr könnt euren Kindern sogar zeigen, wie andere Jugendliche durch ethisches Hacken zu großem Geld gekommen sind. Der argentinische Teenager Santiago Lopez, 19, hat zum Beispiel mehr als 1 Million Dollar verdient, indem er fast 1.800 Bugs an das Bug Bounty Programm HackerOne gemeldet hat. Er nutzte sein Interesse am Hacken, um seriösen Unternehmen zu helfen, ihre Sicherheit zu verbessern - und wurde Millionär, bevor er 20 Jahre alt wurde. 

Auf der anderen Seite infizierte WannaCry vier Tage lang 10.000 Menschen pro Minute, bevor der Cybersecurity-Forscher Marcus Hutchins den Virus stoppte. Doch während Hutchins 2017 als Held gefeiert wurde, wurde er 2019 wegen Malware verhaftet, die er als jugendlicher Hacker geschrieben hatte. Selbst als Erwachsener - und selbst als berühmter Hacker, der eine der sich am schnellsten verbreitenden Malware aller Zeiten zur Strecke brachte - musste Hutchins für seine Taten als Teenager bezahlen. 

Auch ihr könnt euren Kindern helfen, das Programmieren und Hacken zu lernen. Ältere Kinder und Jugendliche können in ihrer Gemeinde einen Computerprogrammierkurs besuchen. Oder sucht auf Discord nach Servern, die sich mit Computerprogrammierung und ethischem Hacking beschäftigen. Für jüngere Kinder kann hacking-spezifisches MINT-Spielzeug ein guter Einstieg sein. 

Die digitale Welt birgt in sich einzigartige Möglichkeiten - und potenzielle Gefahren. Aber genau wie in anderen Bereichen des Lebens habt ihr als Eltern die Möglichkeit, eure Kinder und Jugendlichen in die richtige Richtung zu lenken. Unterhaltet euch mit ihnen über Online-Communities, sprecht mit ihnen über digitale Bürgerrechte und weist sie auf produktivere Möglichkeiten hin. Ihr habt es in der Hand. 

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