Garry Kasparov und das Damengambit

Kristina Ohr 21 Jan 2021

Der Schach-Grandmaster Garry Kasparov interviewt den Regisseur der Netflix-Serie “Das Damengambit”, Scott Frank.

Was kommt dabei raus, wenn man einen Schach-Weltmeister, eine große Streaming-Plattform und einen obskuren Roman von 1983 über ein Waisenkind kombiniert? Eine großartige Serie, “Das Damengambit”, die aktuell auf Netflix läuft. 

Als unser Avast Security-Botschafter befasst sich Kasparov meist mit ethischen Fragen rund um die Beziehung zwischen Mensch und Maschine. Als Kasparov uns mitteilte, dass er als Berater für die Serie “Das Damengambit” tätig war, wollten wir uns die Chance nicht entgehen lassen, mehr darüber zu erfahren und mit unseren Lesern zu teilen. Also setzte sich Garry mit Scott Frank, dem Regisseur der Serie, zusammen, um sein Insiderwissen mit uns zu teilen.

Frank und Kasparov sprechen über den jahrelangen Prozess der Idee bis zur Umsetzung, den Roman “Das Damengambit” in ein Drehbuch für einen Film zu bringen. Frank selbst war zunächst nicht am Drehbuch interessiert, doch dann erkannte er den Tiefgang dieser Geschichte. Dann stieß er jedoch auf Widerstand, da eine Produktionsfirma nach der anderen eine “Serie über Schach” ablehnte. ”Es war unglaublich schwer, Leute dazu zu bringen, eine solche Produktion zu finanzieren”, sagte Frank. 

Kasparov wurde sogar gefragt, ob er die Rolle des russischen Schachweltmeisters Borgov in der Serie spielen wolle, aber hat sich dann dazu entschieden, bei der Produktion eine Berater-Rolle einzunehmen, um die dargestellten Schachszenen und die Meisterschaft in Russland authentischer wirken zu lassen. Dabei waren z.B. die Körpersprache der Spieler und die Blicke, die sie sich während einer Partie zuwerfen, unglaublich wichtig. Kasparov hat sogar echte Spielverläufe von Schachpartien, die im Laufe seiner Karriere von ihm oder von anderen Spielern gespielt wurden, in die Serie eingebaut. 


Auszüge aus dem Interview mit dem Regisseur Scott Frank

Garry Kasparov: Hallo Scott, schön Dich zu sprechen. Wie haben sich die Schauspieler im Damengambit denn auf die Schachszenen vorbereitet? 

Scott Frank: Es hat wirklich lange gedauert und ist viel Arbeit, so eine Schachszene natürlich wirken zu lassen. Mein großes Lob geht an die Schauspieler, die sich immer 5-10 Schachzüge in einer Drehsequenz merken mussten. Dann haben wir in der Regel einen Schnitt gemacht. 

War es denn Glück, dass Du die brilliante Anya Taylor-Joy für die Rolle von Beth Harmon gefunden und ausgewählt hast? 

Ich habe schon zu Beginn meiner Karriere gelernt, dass es der größte Fehler als Regisseur ist, die falsche Besetzung an Schauspielern auszuwählen. Es gibt keine Möglichkeit, diesen Fehler im Nachgang zu korrigieren. Anya war vom ersten Casting und Drehtag an zu 100 Prozent Beth Harmon und hat den Charakter dieser Figur in einer solchen Tiefe verstanden, wie kaum jemand anders. Das merkte ich schon bei unserem allerersten Treffen. 

Es mussten sogar weitere Schauspielerinnen für die Szenen aus Beths Kindheit gefunden werden. Hast Du zunächst die Besetzung für die erwachsene Beth ausgesucht und dann nach jungen Mädchen gesucht, die Beth ähnlich sehen? 

Ja, das ist richtig. Wir haben für die Szenen aus Beths Kindheit mit vielen Casting-Agenturen zusammengearbeitet und uns sogar in Jugend-Schachclubs umgesehen, hauptsächlich in Deutschland, wo wir gedreht haben. Letztendlich habe ich mich dazu entschieden, Beth Harmon von drei verschiedenen Schauspielerinnen zu lassen und zwei Mädchen für Beth zur Umsetzung von Beths Kindheit und Jugend ausgewählt.

Haben denn die kompletten Dreharbeiten in Deutschland stattgefunden? 

Die Dreharbeiten fanden zu 95 Prozent in Berlin statt, wo wir 85 Drehtage hatten und der Rest in der Gegend um Toronto. Alle Szenen, die irgendwo drinnen spielen, haben wir in Berlin gedreht: In Kentucky, Las Vegas, Mexico City, Paris, Russland - teilweise im Studio, teilweise in der Stadt. Mit der Hilfe von “Digital Enhancement” war dies möglich. Das Haus, das als Kulisse für das Kinderheim diente, haben wir etwas außerhalb von Berlin gefunden. 

Warum habt Ihr Euch gerade für Berlin als Drehort entschieden? 

Erstens konnten wir dort viele Szenen drehen, ohne permanent mit unserem Equipment umziehen zu müssen. Und der Produktionsdesigner, mit dem ich unbedingt arbeiten wollte, ist ein Deutscher. Berlin war vom Krieg sehr zerstört, dann der Mix aus West und Ost - es ist eine Stadt der “neuen Welt”. Prag war auch mal angedacht, aber das war uns zu alt und märchenhaft von der Kulisse her. Beispielsweise haben wir die Szenen im Hotel in Mexico-City in einem Theater in Berlin-Mitte gedreht. Für uns war Berlin der perfekte Drehort! 

Vielen Dank für das Gespräch, Scott, und für die interessanten Einblicke!

Hier finden Sie das vollständige Interview auf Englisch: 

 

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